Der Lentulus-Denar

Auf dem Augustus-Denar des Münzmeisters Lentulus aus dem Jahre 12 vor Christus sieht man zwei historische Figuren: rechts Augustus in Toga und Tunika mit einem üppigen Kranz, vermutlich die corona civica, dem Eichenlaubkranz des Retters.

Die Buchstaben C V auf dem Schild bedeuten clipeus virtutis. Es ist der runde Schild, den der römische Senat im Januar 27 v. Chr. Augustus verlieh mit seinen Tugenden.

Links steht Divus Iulius, der zum Gott erhobene Julius Caesar, mit Hüftmantel. Er hält in der Linken eine Lanze, auf der ausgestreckten Hand hält er eine kleine Victroria auf dem Globus, welche selbst einen Kranz hält. Über der Stirn trägt der Divus Iulius den Sidus Iulius, den Komet Caesar.

Hölscher interpretiert die Victoria als ein Symbol der Herrschaft über den “Orbis Terrarum”, den gesamten bekannten oder bewohnten Teil der Welt. Augustus konnte dieses Zeichen der Macht, ohne seine eigene Siegeskraft zu mindern, ausschließlich einer Statue seines verstorbenen Vaters anvertrauen. In den Anfangsjahren stützte sich sein politischer Aufstieg auf die Autorität seines Vaters; Octavian-Augustus selbst war der Erbe von Caesars Macht.

Mark Fullerton stellte eine interessante Hypothese auf. Er glaubte, dass die Prägung dieser Münze auf die Wahl von Augustus zum Pontifex Maximus hinweist, da im Jahre 13 oder 12 v. Chr. Marcus Aemilius Lepidus, welcher bis dahin Pontifex Maximus gewesen war, verstorben war.

Trotz wiederholter Aufforderungen des römischen Volkes, die Position von Lepidus zu übernehmen, lehnte Augustus stets ab, obwohl er der festen Überzeugung war, dass Lepidus das Oberpontifikat unrechtmäßig an sich gerissen hatte.

Augustus betonte, dass bereits sein Vater das Pontifikat innehatte und der Senat hatte noch zu Lebzeiten Caesars beschlossen, dass das Oberpontifikat an einen potenziellen leiblichen oder adoptierten Sohn vererbt werden könnte. Dies hätte Octavians Anspruch legitimiert, falls es einen entsprechenden Gesetzesbeschluss gab. Allerdings war die testamentarische Adoption durch Caesar damals noch nicht rechtsgültig, weshalb Lepidus Pontifex Maximus wurde. Darüber hinaus waren die Umstände, unter denen Lepidus zum Nachfolger Caesars als Pontifex wurde, zweifelhaft, da M. Antonius möglicherweise das Wahlverfahren geändert hatte.